Guten Tag,
heute eine Nachricht in eigener Sache.
Von Freitag, den 28. bis Montag, den 31. Oktober 2022 trafen sich im Naturfreundehaus in Hannover siebenundzwanzig überwiegend wohnungslose oder ehemals wohnungslose Menschen zu einem offenen Netzwerktreffen, zu dem die Wohnungslosen_Stiftung eingeladen hatte. Weitere vier Menschen waren aus unterschiedlichen Gründen verhindert und haben sich entschuldigen lassen.
Auf dem Treffen wurde nach einer kurzen Vorstellungsrunde und Themensammlung in drei Arbeitsgruppen gearbeitet zu den Themen 1. Gesundheit 2. Lobbyarbeit 3. Raus aus der Wohnungslosigkeit. Darüber hinaus gab es ein offenes Ad-Hoc Frauentreffen.
Entstanden sind dann am Ende zwei miteinander abgestimmte Texte, ein Bericht vom Frauentreff und ein gemeinsames Ergebnisprotokoll mit zahlreichen Terminen und Verabredungen.
Ein Teilnehmer schreibt: "Wir haben nette Menschen kennengelernt und waren beeindruckt, wie inhaltlich und fachlich die Teilnehmer auf Ergebnisse hingearbeitet haben und respektvoll und freundlich miteinander umgegangen sind. Die Organisation des Treffens war super und die Tagesabläufe waren angenehm strukturiert. Jeder konnte sich wohlfühlen."
Das Positionspapier Gesundheit spricht sehr deutlich dafür aus, dass eine eigene Wohnung ein zentrale Voraussetzung für die Gesundheit ist. Gefordert wird ein bedingungsloser Zugang zur Gesundheitsversorgung .
Das Positionspapier Netzwerkarbeit enthält ein deutliches Angebot zur Zusammenarbeit mit anderen wohnungslosen Gruppen, Initiativen und Selbstvertretungen. Das Ziel, Wohnungslosigkeit zu zu vermeiden und zu überwinden, ist extrem wichtig. Deshalb sagt das Positionspapier ganz klar und eindeutig: Wir wollen Konflikte oder Konkurrenzen der Netze untereinander zurück stellen und statt dessen gemeinsam dauerhaft die Stimme erheben, laut werden, unsere Ansprüche anmelden und politischen Druck ausüben.
Auch wird angekündigt, dezentrale Netzwerkbüros aufzubauen, die selbständig und unabhängig arbeiten können - damit wohnungslose Menschen eine Knotenstelle für ihre soziale und politische Arbeit haben und mehr Kontinuität zwischen den Treffen entsteht.
Die Frauen auf dem Netzwerktreffen haben sich spontan zu einem Frauentreffen verabredet, eine ganze Reihe ovn Themen und Anliegen festgehalten. Sie wollen in Verbindung bleiben und planen weitere Frauentreffen, damit die Anliegen wohnungsloser und ehemals wohnungsloser Frauen deutlicher als bisher vertreten werden können.
Zum Schluß wurde eine Reihe von Terminen besprochen und verabredet um gemeinsam in Verbindung zu bleiben und das Netzwerk und die Arbeit weiter zu entwickeln und auszubauen.
Alles ist festgehalten im gemeinsamen Ergebnisprotokoll, siehe auch unten stehend.
https://www.wohnungslosenstiftung.org/neuigkeiten/ergebnisprotokoll-netzwerktreffen-10-2022-hannover.html
Wir bleiben in Verbindung.
Herzliche Grüße,
Stefan
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Anwesende: Annette (Elsdorf) Axel (Berlin), Bianca (Herzogsägmühle), Carsten (Herzogsägmühle), Dennis (Jamlitz) Gregor (Berlin), Habib (Berlin) Helmut (Herzogsägmühle), Ines (Bad Salzuflen), Janita (Essen), Jens (Leipzig), Maike (Kleve), Manja (Heimbach), Manuel (Peiting), Markus (Frankfurt), Matthias (Essen), Michael (Darmstadt), Michael (Heimbach), Mike (Leipzig), Roderich (Berlin), Stefan (Berlin), Sybill (Berlin), Tim (Langenhagen), Uli (Herzogsägmühle), Volker (Hamburg).
Gäste: H.P. Daniels (Berlin), Ronja (Hannover)
Entschuldigt: Hartmut (Breisgau), Marcus (Freistatt), Nicole (Berlin), Steffen (Berlin)
Freitag, 28.10.2022: Organisatorisches Hinweise, Vorstellungsrunde mit Nennung von Schwerpunkten.
Sonnabend, 29.10.2022: Aus der Themensammlung werden auf Vorschlag von Bianca und Manja 3 Arbeitsgruppen gebildet: 1. Gesundheit 2. Lobbyarbeit 3. Raus aus der Wohnungslosigkeit. Alle drei Arbeitsgruppen tagen vormittags und nachmittags und erarbeiten kurze Papiere. Mündliche Vorstellung der Arbeitsergebnisse.
Abends: Film Eigenbedarf (2022) mit anschließender Diskussion mit Ronja Link zum Film: https://www.picdrop.com/michaeltrammer/dRMs23FTUy
Sonntag, 30.10.2022: Erste Lesung der Papiere der Arbeitsgruppen 1 und 2., weitere Überarbeitung, Sammlung und Diskussion zukünftiger Termine, Frauentreffen, abschließende Lesung der Papiere, Vorstellung der Ergebnisse des Frauentreffens, gemeinsames Abschlussprotokoll
Abends: Konzert und Lesung von HP Daniels https://hpdanielsblog.wordpress.com/, Roman: Runaway
Menschen, die auf der Straße leben müssen, sind Gefahren schutzlos ausgeliefert. Extreme Wetterbedingungen, wie Hitze, Kälte und Starkregen sind gesundheitsschädlich und können tödlich sein. Erkrankungen in Folge dieser Lebensumstände müssen auf der Strasse ausgehalten werden. Dazu kommen grundlose oder provozierte Aggressionen und Gewaltattacken gegen Menschen ohne Obdach.
Die zur Unterbringung eingerichteten Kälte- bzw. Hitzeeinrichtungen und Notunterkünfte sind völlig unzureichend. Es fehlt an Kapazitäten jeglicher Art. Es fehlt auch an frei zugänglichen Hygiene-Zentren in Brennpunkten. Die derzeitige Praxis der zeitlichen Begrenzung der Notunterkünfte ist menschenunwürdig.
Auch unter wohnungslosen Menschen gibt es Menschen mit Behinderungen und/oder Pflegegrad.
Oft werden Menschen mit Beeinträchtigungen oder in besonderen Umständen oder mit Haustieren von diesen Einrichtungen ausgeschlossen. Ebenfalls sind der Zugang zu sanitären Einrichtungen mit erheblichen Hindernissen verbunden. Auch wohnungslose Menschen benötigen rund um die Uhr Zugang zu Duschen, Toiletten sowie sichere Rückzugsmöglichkeiten.
Zudem werden die Menschen, die das aushalten müssen, zunehmend aus den Innenstädten verdrängt. Die Methoden dafür sind perfide: aufdringliche Musik an Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen, Stacheln unter Brücken, Trennbügel auf Bänken, nächtliche Schließung von öffentlichen Grünanlagen, Sprinkleranlagen in Torbögen usw. Das alles muss aufhören.
Die Wohnungslosenhilfe ist – auch angesichts ständig steigender Zahlen - so lückenhaft aufgestellt, dass eine individuelle Betreuung/ Beratung/ Unterstützung und Soforthilfe immer weniger gewährleistet werden kann. Das muss abgestellt werden.
Solange die Wohnungslosigkeit nicht konsequent und planvoll beendet wird, gibt es große Probleme, die dringend in Angriff genommen werden müssen. Menschen ohne festen Wohnsitz müssen schnellst möglich bedingungslos Zugang zur Gesundheitsversorgung erhalten.
Deswegen stellen wir folgende Kernforderungen auf:
Es gibt einige Netzwerke wohnungsloser Menschen, die alleine oder im Verbund für ihre Rechte kämpfen. Es ist notwendig, uns zu vernetzten und besser zusammen zu arbeiten. Konflikte oder Konkurrenzen der Netze untereinander sind wir bereit zurück zu stellen, und statt dessen wollen wir uns auf das gemeinsame Ziel – Überwindung und Verhinderung von Wohnungslosigkeit – konzentrieren: So lange die Richtung stimmt, ist alles gut! Wir wollen gemeinsam dauerhaft die Stimme erheben, laut werden, unsere Ansprüche anmelden und politischen Druck ausüben. Dazu gehört auch, andere Gruppen und öffentlich bekannte Menschen anzusprechen und deren Reichweite und Bekanntheit einzubeziehen.
Zur Überwindung von Wohnungslosigkeit ist jeder einzelne Beitrag und jeder Ansatz wichtig und wünschenswert, gehört zu werden. Die besondere Kernkompetenz von wohnungslosen Menschen, obdachlosen Menschen, Menschen in Wohnungsnotfällen und Menschen mit Lebensmittelpunkt Straße bzw. Brücke oder auch Nomaden besteht darin, dass wir unsere eigenen Erfahrungen, Beobachtungen, Forderungen einbringen können. Das sind Sichtweisen und Erfahrungen, die Menschen aus der Politik, Sozialarbeit, Verwaltung, Wissenschaft und Medien logischerweise nicht haben können.Wir sind Expert:innen unserer eigenen Lebensrealität und erwarten, hinreichend einbezogen und gehört zu werden: Wann immer über Wohnungslosigkeit gesprochen wird, verlangen und erwarten wir, das wir dabei sind: Nicht über uns, sondern mit uns reden!
Von uns wohnungslosen Menschen wird häufig verlangt, zufrieden zu sein mit dem, was wir bekommen (können). Damit sind wir nicht einverstanden, das ist nicht in Ordnung: Wohnungslose Menschen haben die selben Rechte wie alle anderen Menschen auch und dies fordern wir ein. Wir fühlen uns verpflichtet, Forderungen und Ansprüche zu stellen und uns dafür einzusetzen, dass diese auch umgesetzt werden.
Maßnahmen zur Überwindung der akuten Wohnungslosigkeit und präventive Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Obdach- und Wohnungslosigkeit gehören zusammen. Die Bundesrepublik Deutschland hat die Verpflichtung, Wohnungslosigkeit zu verhindern und dafür zu sorgen, dass es in Deutschland keine Wohnungslosigkeit mehr gibt. Diese Forderung ergibt sich unter anderem aus dem Grundgesetz, der Menschenrechtskonvention der EU sowie aus der Charta der Menschenrechte der Vereinten Nationen.
Um die Forderung nach Überwindung der Wohnungslosigkeit umzusetzen, müssen viele Gesetze geändert und viel Geld in die Hand genommen werden. Wir sind der Überzeugung, dass beides möglich ist, wenn der Wille dafür vorhanden ist.
Wohnungslose Menschen und Anwohner sollen an Bauvorhaben und Planungen beteiligt und aktiv einbezogen werden.
Um unsere Arbeit gut machen zu können, brauchen wir dezentrale Netzwerkbüros, die selbständig und unabhängig arbeiten können. Menschen, die sich sozialpolitisch engagieren, sollten dafür gut bezahlt werden. In den Netzwerkbüros sollen Menschen arbeiten, die sich dazu berufen fühlen. Die Arbeit ist auskömmlich zu bezahlen. Wer sich sozial engagiert, darf keine Nachteile durch Behörden erfahren, Kosten müssen erstattet werden. Wir brauchen Rechtssicherheit für unser Engagement (z.B. kein Zwang zur Ortsanwesenheit bei ALG2 Leistungsberechtigten). Wir brauchen bessere Möglichkeiten, digital und online arbeiten zu können in einer Qualität, die nicht ermüdend ist.
Wir arbeiten derzeit an Konzepten um Menschen für das Thema Wohnungslosigkeit zu sensibilisieren, insbesondere bei Kindern und ihren Eltern sowie in Schulen usw.
Lasst uns gemeinsam mehr erreichen.
Wir wollen:
Für das Protokoll
Berlin 11.11.2022
Stefan
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Stefan Schneider / Wohnungslosen_Stiftung
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