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2025.02.05. - Richtigstellung, Offener Brief, Nachrichten, Termine

2025.02.05. - Richtigstellung, Offener Brief, Nachrichten, Termine

Guten Tag,

heute im Newsletter steht wieder an prominienter Stelle das Thema Politik. Es gibt eine Richtigstellung zum letzten Newsletter, in dem wir über das Wahlrecht von Menschen ohne Wohnsitz auf kommunaler Ebene in den Bundesländern berichtet haben. Dann, wie bereits angekündigt, der Offene Brief der Peer-Gruppe Leipzig an die zukünftigen Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Anschließend kommt ein Hinweis zu einem sehr lesenswerten Artikel zu Dominik Bloh, der viele Jahre seines Lebens obdachlos auf der Straße verbracht hat.

Es folgen zwei Terminhinweise. Der nächste Open-Talk befast sich mit der Instrumentalisierung wohnungsloser Menschen durch die #NoAfD und wir haben dazu eine Expertin zu Gast. Und der Termin für die 7. Mahnwache gegen Obdachlosigkeit und Zwangsräumungen steht mehr oder weniger fest. Neben vielen Redebeiträgen werden die großartige Bernadette La Hengst und die legendäre Band Ton Steine Scherben für uns spielen.

Solidarische Grüße,

Stefan

1. Richtigstellung zum Thema Wahlrecht für Menschen ohne Wohnsitz auf kommunaler Ebene in den Bundesländern

Wahlrecht von wohnungslosen MenschenIm vergangenen Newsletter haben wir eine Nachricht von Mike Langer (Leipzig) verbreitet, in der er sich über das nicht vorhandene Wahlrecht für Menschen ohne Wohnsitz auf kommunaler Ebene in einigen Bundesländern beschwert. Er bezog sich dabei auf die Veröffentlichtung von Michael Krennerich: Wahlrecht von wohnungslosen Menschen - Rechtliche, organisatorische und politische Bedingungen der Wahlrechtsnutzung durch wohnungslose Menschen aus dem Jahr 2021, veröffentlicht auf den Seiten des Deutschen Instituts für Menschenrechte (https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/wahlrecht-von-wohnungslosen-menschen)

Aus dem Landtag von Baden - Württemberg erreicht uns dazu eine Nachricht von Oliver HIldenbrand (MdL):

Der Landtag von Baden-Württemberg hat am 29. März 2023 diverse Änderungen des Kommunalwahlrechts beschlossen. Eine wichtige Änderung: Menschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der jeweiligen Körperschaft (Gemeinde, Landkreis, Verband Region Stuttgart) haben, haben nun – analog zum Landtagswahlrecht – das kommunale Wahl- und Stimmrecht.

Die Publikation „Wahlrecht von wohnungslosen Menschen“ aus dem Juli 2021 ist mit Blick auf Baden-Württemberg also - erfreulicherweise! - nicht mehr aktuell.

Vielleicht können Sie diese Information auch an Mike Langer als Verfasser der Meldung in Ihrem Newsletter weitergeben.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Hildenbrand

Auch Paul Neupert von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe als auch Roland Saurer von der Landesarmutskonferenz Baden-Württemberg haben uns auf diese Änderung hingewiesen. Vielen Dank Paul und Roland dafür.

Gerne hätten wir Michael Krennerich angeschrieben und ihn gefragt, ob er ein Update seiner Broschüre erstellen möchte. Leider mussten wir erfahren, dass Michael Ende des vergangenen Jahres nach langer und schwerer Krankheit verstorben ist. (https://www.pol.phil.fau.de/2025/01/04/wir-trauern-um-prof-dr-michael-krennerich/). Ruhe in Frieden und Danke für Dein Engagement.

Nach wie vor bleibt festzustellen, dass wohnungslose Menschen auf kommunaler Ebene kein Wahlrecht haben in den Ländern Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland, Sachsen. Das ist nicht in Ordnung.

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Kommen wir zum angekündigten offenen Brief der Peer-Gruppe Leipzig an alle zukünftigen Bundestagsabgeordneten. Wir sind stolz, diesen Brief hier veröffentlichen zu dürfen. Er ist zugleich eine Ermutigung und Einladung an andere Gruppen, Initiativen, Selbstvertretungen und Netzwerke wohnungslosigkeitserfahrener Menschen, diese Idee aufzugreifen und sich ihrerseits angstfrei zu Wort zu melden.

2. Peer-Gruppe Leipzig: Offener Brief an die zukünftigen Bundestagsabgeordneten

Offener Brief SymbolbildPeer-Gruppe Leipzig
bei Safe (Strassensozialarbeit für Erwachsene)
Demmeringstr. 32
04177 Leipzig

An die zukünftige Bundesregierung,
die gewählten Mitglieder des Bundestages
und der Landesparlamente und die gewählten Volksvertreter

Offener Brief zur Situation von wohnungslosen Menschen in Deutschland

Leipzig, 27.01.2025

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind eine Gruppe von Menschen mit Wohnungslosigkeitserfahrung aus Leipzig. Einige von uns waren im September 2024 im Bundestag und haben unsere Forderungen vorgetragen. Daraus ist eine Liste von Wünschen entstanden.

Überall in Deutschland leben Menschen auf der Straße – ihnen fehlt das Nötigste. Sichere Schlafplätze, Toiletten, Duschen, Privatsphäre usw. – alles fehlt.

Deutschland hat sich in internationalen Verträgen gesamtgesellschaftliche Ziele gesetzt, die jetzt umgesetzt werden müssen. Dazu gehört auch das Menschenrecht auf Wohnung. Deutschland hat einen Nationalen Aktionsplan zur Beendigung von Wohnungslosigkeit bis 2030 beschlossen, der vollkommen unzureichend ist: Bislang sind keine Effekte und Maßnahmen für uns und andere wohnungslose Menschen erkennbar. Hilfeeinrichtungen wurden nicht entlastet.

Um Armut und Wohnungslosigkeit zu überwinden, sollten wir jetzt mit konkreten Maßnahmen anfangen.

Wir nehmen Hoffnungslosigkeit wahr. Die Leute haben keine Zuversicht und kein Vertrauen mehr, ihre Situation ändern zu können. Das erschwert alles und grundsätzlich. Wir brauchen keine Facharbeitsgruppen, die über wohnungslose Menschen sprechen. Wir brauchen Lösungen, die sofort greifen und menschenwürdig sind und zur Verbesserung und Stabilisierung der Lebensumstände wohnungsloser Menschen führen. Wir brauchen keine Massenunterkünfte mit Zwangszuweisung. Dort finden wir nur Erniedrigung, schlechte hygienische Zustände, Schlaflosigkeit, Diebstahl, Gewalt und unglaublich hohe psychische Belastungen gepaart mit zu wenig und nicht adäquatem geschulten Personal. Das hilft nicht, sondern fördert psychische Instabilität, Sucht und Flucht vor dem System. Man fühlt sich in solchen Einrichtungen ausgestoßen und diskriminiert, nicht gewollt, nicht dazu gehörig. Du wirst täglich kontrolliert von der Security, die Behandlung ist herablassend. Genau das Gegenteil sollte jedoch angestrebt werden. Das ist in solchen Unterkünften nicht leistbar. Das schafft man aber mit Beteiligungsformaten. Das schafft man, wenn man gefragt wird und zusammen arbeitet, sich austauscht und sich gegenseitig ernst nimmt. Dies sollte Grundlage und Leitsatz (auch nach 2030) der Wohnungslosenhilfe werden

Wir schlagen vor, jetzt und sofort mit folgenden Punkten zu beginnen:

  1. Wohnungslose Menschen sind nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. Seit Jahrzehnten wird über uns geredet, es ist nun an der Zeit, einen Anfang zu setzen und es anders zu machen. Wir sind ein vollwertiger Teil der Gesellschaft und möchten bei allen Maßnahmen zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit aktiv eingebunden werden.
    Unsere Lösungsansätze werden mit Sicherheit wesentlich preisgünstiger und nachhaltiger sein, als die paternalistischen Notlösungen im bestehenden System der sog. Wohnungslosenhilfe, wie von uns oben beschrieben.
  2. Menschen benötigen jetzt eine Wohnung! Viele Grundstücke, Objekte und Wohnungen stehen leer, zum Teil schon seit Jahren. Wir möchten, dass alles getan wird, um diese Flächen und Wohnungen für obdachlose Menschen zur Verfügung zu stellen und Selbsthilfe zur Beschaffung von Wohnraum zu fördern und gesetzlich geschützt zu ermöglichen.
  3. Mieten müssen wieder bezahlbar werden, Zwangsräumungen in die Obdachlosigkeit sind menschenunwürdig und müssen unterbleiben.

Als Bundestagsabgeordnete*r bzw. als Volksvertreter*in werden Sie Politik gestalten, egal ob in Regierungsparteien oder in der Opposition. Für die Gestaltung von Politik sind Sie Fachleute, für die Situation wohnungsloser Menschen liegt das Fachwissen bei uns.

Wir treffen uns seit 2021 regelmäßig, beteiligen uns an den wöchentlichen Hilfetouren mit TiMMi ToHelp in der Leipziger Innenstadt, wir unterstützen Streetworkprojekte bei der Arbeit, haben uns Praktika selbst organisiert und ein Netzwerk aufgebaut, wir haben Kontakte zu Hochschulen und sind mit anderen Gruppen und Initiativen im deutschsprachigen Raum in ständigem Austausch. Unter anderem leisten wir Öffentlichkeitsarbeit und klären über die Situation von Menschen mit Armutserfahrung auf, auch an Schulen.

Wir möchten Sie deshalb einladen, nach Leipzig zu kommen und mit uns über unsere Anliegen in den Dialog zu kommen.

Wir laden Sie zu einer sozialen „negativen“ Stadtführung ein.

Wir möchten dabei unsere Arbeit vorstellen, aber auch über die Erweiterung und den Ausbau unserer Arbeit sprechen.

Wir werden unsere Sichtweisen, Ideen, Konzepte und Forderungen erläutern.

Wir treffen uns in Leipzig-Lindenau. Kommen Sie vorbei! Nehmen Sie zu uns Kontakt auf!

Freundliche Grüße,

Peer-Gruppe-Leipzig
Kontakt: peers-leipzig at gmx.de

Ansprechpartner: Chriss

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Als nächstes möchte ich aufmerksam machen auf einen sehr lesenswerten Bericht zu Dominik Bloh, der viele Jahre obdachlos auf der Straße sein (Über-)Leben organisiert hat. Ich habe diesen Artikel für Euch aus der Bezahlschranke hervorgeholt.

3. Gestern noch obdachlos, heute Bestsellerautor: Die unglaubliche Geschichte von Dominik Bloh

dominik blohZehn Jahre lang schläft er im Park, dann trifft Dominik Bloh zufällig einen bekannten Unternehmer – und sein Leben ändert sich. Heute schreibt er Bestseller. Doch so ganz kommt er von der Straße nicht los.
https://archive.is/f0r6H#selection-2329.0-2353.0

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4. Termine: Online-Open Talk Mittwoch, 12.02.2025, 11:00 - 12:30 Uhr (https://us02web.zoom.us/j/86390072378)

Laura-Marie Buchholz. Thema: Die Instrumentalisierung wohnungsloser Menschen durch die #NoAfD

Laura-Marie hat an der Universität der Künste bei Prof. Dr. Maren Hartmann eine Arbeit geschrieben mit dem Titel: Obdach- und Wohnungslosigkeit als Bild des Fremden. Mechanismen des Othering in den (rechts-)populistischen Kommunikationsstrategien der #NoAfD. Ihre Arbeit untersucht, wie die #NoAlternative für Deutschland (#NoAfD) das Thema Obdach- und Wohnungslosigkeit in ihrer Migrationspolitik instrumentalisiert. Die Ergebnisse veranschaulichen, dass die #NoAfD explizit deutsche obdach- und wohnungslose Personen im Kontext der Wohnraumkrise als „positive Andere“ instrumentalisiert, um Menschen mit Migrationshintergrund, insbesondere geflüchtete und sylsuchende Personen, als kulturell fremd und bedrohlich darzustellen. Durch diese konstruierte Differenzierung versucht die Partei, die Ursachen der Wohnungskrise auf vermeintlich Fremde zu projizieren. Gleichzeitig inszeniert sie sich selbst als scheinbare Lösung dieser Krise, indem sie vorgibt, die deutschen Bürger*innen vor der steigenden Obdach- und Wohnungslosigkeit zu schützen. Die Arbeit zeigt auf, wie die #NoAfD durch (rechts-)populistische Kommunikationsstrategien Fremdheit konstruiert, und damit die fortlaufende Stigmatisierung und Marginalisierung von vulnerablen Gruppen in der Gesellschaft fördert.

Hinweis: Auf den Open-Talks ist kein Platz für Menschen, die rassistische, menschenfeindliche oder nationalistische Auffassungen vertreten oder verbreiten.

5. Termine: Berlin - 7. Mahnwache gegen Obdachlosigkeit und Ausgrenzung

Voraussichtlich am Montag, den 31. März 2025 findet in Berlin vor dem Roten Rathaus die 7. Mahnwache gegen Obdachlosigkeit und Zwangsräumungen statt. Neben vielen Redebeiträgen werden die großartige Bernadette La Hengst & der Chor der Statistik und die legendäre Band Ton Steine Scherben für uns spielen.

Mehr Informationen findet Ihr auf der Homepage vom Berliner Bündnis Gemeinsam gegen Obdachlosigkeit und Zwangsräumungen.

Das wars für heute! Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit.

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Das ist eine Nachricht von

Stefan Schneider / Wohnungslosen_Stiftung
Gesellschaft für Selbstvertretung wohnungsloser Menschen
und Empowerment auf Augenhöhe gemeinnützige UG (haftungsbeschränkt)

Freistellungsbescheid vom 04.04.2023
für gemeinnützige und mildtätige Zwecke
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